Thorkild Bjørnvig auf Samsø
Erlebe die Sonderausstellung des Samsø Museums zum Dichter Thorkild Bjørnvig, der seine letzten 30 Lebensjahre auf Samsø verbrachte.
Von Naja Kjærgård Laursen, Leiterin des Samsø Museum
1966 zog Thorkild Bjørnvig nach Samsø. Er suchte Ruhe zum Schreiben und ließ sich deshalb auf der spärlich besiedelten Nordinsel nieder.
Das Abstreifen der Haut
Bjørnvig, der als einer der größten dänischen Lyriker des zwanzigsten Jahrhunderts gilt, hatte vor dem Umzug sehr viel erlebt. In den 1950ern verband ihn mit Karen Blixen (in Deutschland unter dem Synonym Tania Blixen bekannt, Anm. d. Übers.) eine stürmische, platonische Freundschaft. Ende der 1960er wurde er von seiner ersten Ehefrau geschieden. Jetzt wollte er sich wie eine Schlange häuten. Das setzte laut eigener Aussage voraus, dass er sich wie ein Tier isolieren müsse, das anschließend in neuer Form zurückkehrt. Es war nicht geplant, dass er den Rest seines Lebens auf Samsø verbringen sollte, aber nach einem kurzen Aufenthalt in Svendborg ergab es sich so.
„Auf einem meiner Heimwege von der Gastwirtschaft zum Hof, den ich im Frühling über die Täler der Nordinsel mit den tausend Blümchen verlaufen ließ, sah ich von einem Hügel aus, wie sich die Sonnenscheibe im Westen und den Vollmond im Osten in ihrem jeweiligen Meer spiegelten. Ich dachte: Ich bin angekommen. Hier will ich bleiben,” wie Thorkild Bjørnvig im Text „Ankomst“ schrieb, herausgegeben von John Roth Andersen, 1981.
Den Sternen nahe
Auf Samsø beendete Thorkild Bjørnvig seine umfangreiche Gedichtsammlung „Ravn“ (dt.: „Rabe“), während er auf Sølyst, einem Hof an der Ostküste etwas außerhalb von Nordby, zur Miete wohnte.
In diesen Jahren traf er seine zukünftige Ehefrau, Birgit Hornum (später Birgit Bjørnvig), die er 1970 heiratete. Das Paar baute in der unter Naturschutz stehenden Hügellandschaft auf der Samsøer Nordinsel ein Haus. Hier begannen sie gemeinsam mit den Kindern aus den früheren Ehen und ihrem gemeinsamen Sohn Thore Bjørnvig ein neues Leben – „dem Meer, den Planeten und den Sternen nahe.“
Ab den 1970ern, nach dem Umzug nach Samsø, geschah eine markante Änderung in Thorkild Bjørnvigs Wirken, da er sich als einer der ersten dänischen Autoren mit der Umwelt und der Ökologie zu beschäftigen begann. Das Ergebnis waren drei Gedichtsammlungen mit dem Untertitel „Umweltgedichte“.
Mit seiner Frau, Birgit Bjørnvig, die sich stark in der Umweltpolitik engagierte, teilte er seine Liebe zur Natur. Sie war zunächst als Kommunalpolitikerin auf Samsø und ab 1987 als Mitglied des EU-Parlaments für die dänische Volksbewegung gegen die EG tätig. Auf Samsø engagierte sie sich mit einem Feuereifer, so dass Samsø 1997 den dänischen Wettbewerb „Dänemarks nachhaltigste Energieinsel” gewann.
Thorkild Bjørnvig verstarb 2004 und wurde auf dem Nordbyer Friedhof begraben, wo er neben Birgit Bjørnvig liegt. Auf ihrem gemeinsamen Grabstein steht: „Erst durch die letzte Dunkelheit getrennt.“
Neues Buch über Bjørnvig
Im Anschluss an die Sonderausstellung gibt das Samsø Museum ein Buch mit mehr als 30 Bjørnvig-Gedichten heraus, die einen Bezug zu Samsø haben. Hierzu zählt eine Reihe hinterlassener Gedichte, die erstmalig herausgegeben werden. Das Buch wird in Zusammenarbeit mit Thorkild Bjørnvigs jüngstem Sohn, Thore Bjørnvig, produziert, der in den Nordbyer Hügeln aufgewachsen ist. Im Buch sind auch einige Familienfotografien aus dem Privatbesitz abgebildet, die einen Einblick in das Leben bieten, das Thorkild Bjørnvig auf Samsø erschuf, und das ihm die idealen Rahmenbedingungen bot, um dem sehr umfangreichen Wirken als Verfasser die abschließende Krönung zu verleihen. Das Buch erscheint im Frühling 2022 und ist im Shop des Samsø Museums erhältlich oder kann bei den dänischen Buchhändlern bestellt werden.
Thorkild Bjørnvig
- 1918 in Aarhus geboren
- Mitbegründer und Redakteur der literarischen Zeitschrift „Heretica“ 1948-1950
- Gründungsmitglied der Dänischen Akademie, 1960
- Dr. phil. Universität Aarhus, 1964
- Ließ sich erstmalig 1966 auf Samsø nieder
- Gab 1974 „Pagten“ über seine Beziehung zu Tania Blixen heraus
- 2004 auf dem Nordbyer Friedhof bestattet
Zuletzt geändert: 21/11/2024 14:26